Automatisierung, Roboter & Co: Warehousing neu denken

Wenn die Abläufe im und um das Lager allzu gleichförmig und körperlich belastend werden, schlägt die Stunde der Automatisierung. In der Logistik helfen heute Roboter, autonome Fahrzeuge sowie automatisierte Lager, die repetitiven Prozesse effizienter und sicherer zu machen. Ein Beispiel ist das DACHSER Logistikzentrum Karlsruhe: Hier revolutioniert der AutoStore die Kommissionierung und macht die Arbeit für die Menschen spürbar leichter.

Der AutoStore im Logistikzentrum Karlsruhe ist der erste seiner Art bei DACHSER
Der AutoStore im Logistikzentrum Karlsruhe ist der erste seiner Art bei DACHSER

Um sie zu sehen, muss man schon einige Stufen über die Stahltreppe aufsteigen. In fast sechs Metern Höhe kündigt ein gleichmäßiges Surren ihre Geschäftigkeit an. Da sind sie: die 13 gelb-blauen Roboter, die über das gleichmäßige Gittergerüst aus Alustreben sausen – vor, zurück, zur Seite, in Hochgeschwindigkeit einem eigenen Plan folgend – kurz anhalten, den Greifer nach unten ausfahren, einen grauen Behälter entnehmen und ihn scheinbar willkürlich an einer anderen Stelle der Gitterkonstruktion versenken. Wo gerade Platz ist. Macht das Sinn?

„Man nennt das chaotisches Einlagern“, erklärt Florian Steinbrunn, Contract Logistics Manager im Logistikzentrum Karlsruhe und beruhigt gleich: „Die Roboter und das Warehouse Management System wissen immer genau Bescheid, wo sich welcher Behälter befindet, um ihn dann gezielt zum Ausgabe-Port für die Bestellabwicklung oder zum Nachfüllen zu transportieren.“

Wir befinden uns in Malsch unweit von Karlsruhe, wo DACHSER einen der modernsten Kontraktlogistik-Standorte in seinem Netzwerk betreibt. Seit einigen Monaten kommissioniert hier ein AutoStore-System vollautomatisch Kleinteile für Großkunden, etwa aus der Kosmetikbranche. Der Gitterkubus, fast 40 Meter lang, 21 Meter breit und 5,65 Meter hoch, stapelt in seinem Innern 30.000 Kunststoffbehälter, jeweils 16 „Bins“ übereinander. Was von außen wie ein schlichter, grau ummantelter Block in der sonst mit Regalen bestückten Halle aussieht, ist bei näherer Betrachtung ein Meilenstein der Automatisierung in der Kleinteilelogistik.

„Die Geschwindigkeit, mit der die Prozesse ablaufen, und die Zuverlässigkeit, mit der wir auch bei Lastspitzen agieren können, sind beeindruckend“, stellt Bernd Großmann, General Manager des DACHSER Logistikzentrum Karlsruhe fest. „Für unsere Mitarbeitenden bedeutet das System eine spürbare Entlastung – viele manuelle Wege entfallen, ergonomisch herausfordernde Tätigkeiten werden reduziert. Und das Beste: Die Technik funktioniert nicht neben dem Menschen, sondern arbeitet mit ihm zusammen.“

Der AutoStore im Logistikzentrum Karlsruhe ist der erste seiner Art bei DACHSER und fügt sich ein in die umfassende, strategisch geplante Automatisierung von Warehouse-Prozessen in der Kontraktlogistik. Weil in den Industrieländern Fachkräfte zunehmend rar werden, gleichzeitig aber die Anforderungen an Effizienz und Qualität der Logistikprozesse steigen, setzt DACHSER schon seit einigen Jahren gezielt auf Automatisierung und Robotik in ganz unterschiedlichen Feldern. Nicht als Showroom-Innovation, sondern als strategisches Werkzeug, das Prozesse besser, sicherer und robuster machen soll. „Die entscheidende Frage ist nicht, wie viel Technologie wir einsetzen können, sondern welche Lösungen sich nachhaltig so in unsere operativen Prozesse integrieren lassen”, sagt Stefan Hohm, Chief Development Officer (CDO) bei DACHSER. „Die Vorgabe ist: Es muss immer ein deutlicher Nutzen für unsere Kunden und die Menschen entstehen, die bei uns arbeiten.“

Mit Augenmaß: Automatisierung in der Lagerlogistik

Die Strategie hinter den Automatisierungsinitiativen bei DACHSER ist also klar umrissen: Es geht nicht um maximale Technisierung um jeden Preis, sondern um ein passgenaues Zusammenspiel aus Technologie, Mensch und Prozess. „Wir beobachten sehr genau, welche Herausforderungen unsere Standorte im Alltag bewältigen müssen. Und wir prüfen sehr sorgfältig, mit welchen Lösungen wir diese Herausforderungen meistern können“, sagt Thomas Klare, Head of Corporate Contract Logistics.

Im Fokus stehen dabei vier Zielkriterien: die Verbesserung der Prozesseffizienz, die ergonomische Entlastung der Mitarbeitenden, die Qualitätssicherung der Leistung sowie die Zukunftsfähigkeit der Standorte. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels gewinnt letzteres zunehmend an Bedeutung.

„Die Automatisierung ist kein Selbstzweck. Sie hilft uns, dort zu entlasten, wo monotone, wiederholende oder körperlich belastende Tätigkeiten heute noch von Menschen ausgeführt werden. Dadurch können sich die Mitarbeitenden auf anspruchsvollere Aufgaben konzentrieren, wie zum Beispiel Value Added Services.“

Thomas Klare, Head of Corporate Contract Logistics.

Die strategische Stoßrichtung entwickelt sich für die Kontraktlogistikexperten bei DACHSER aus konkreten Bedarfen und Erfahrungen vor Ort. „Unsere Roadmap ist dynamisch: Sie lebt von den Ideen aus den Niederlassungen, vom Lernen in der Umsetzung und vom kontinuierlichen Dialog mit unseren Kunden und Technologiepartnern“, sagt Michael Mayer, Department Head Corporate Contract Logistics Consulting bei DACHSER. „Am Anfang steht immer erst einmal die technische Machbarkeit. Hier wird unter anderem geprüft, ob eine innovative Technologie auch voll in unser Warehouse Management System Mikado integriert werden kann.“ Was sich dann im Echtbetrieb bewähre, werde bei DACHSER dann mittelfristig in die Breite getragen. „Was sich als Sackgasse erweist, wird von uns transparent reflektiert und neu gedacht.“

Eine weitere Automatisierungslösung: In Magdeburg wurde eine vollautomatische Haubenschrumpfanlage in Betrieb genommen, die sperrige Güter mit hoher Stabilität in Schrumpffolie verpackt.
Eine weitere Automatisierungslösung: In Magdeburg wurde eine vollautomatische Haubenschrumpfanlage in Betrieb genommen, die sperrige Güter mit hoher Stabilität in Schrumpffolie verpackt.

Zukunftsfähige Kontraktlogistik

Mit dieser Zielrichtung arbeitet DACHSER an vielen Stellen im Netzwerk mit Hochdruck daran, Automatisierung sinnvoll in bestehende Prozesse zu integrieren. Am Standort Memmingen etwa ist seit 2023 ein vollautomatisches Hochregallager mit Platz für 52.000 Paletten mit ungekühlten Lebensmitteln sowie Lebensmittelverpackungen in Betrieb. 200 Paletten im Wareneingang und 200 Paletten im Warenausgang können pro Stunde unter idealen Bedingungen abgewickelt werden. Dafür sorgen unter anderem automatische Entladesysteme, eine automatische Palettierstation sowie acht schienengeführte Regalbediengeräte im Hochregallager. „Hier kommen der aktuelle Stand der Automatisierungstechnik und moderne Nachhaltigkeitskonzepte auf Basis des geballten Know-hows unseres Netzwerks und unserer Mitarbeitenden zusammen“, stellt DACHSER CDO Stefan Hohm fest.

In Magdeburg wurde eine vollautomatische Haubenschrumpfanlage in Betrieb genommen, die sperrige Güter mit hoher Stabilität in Schrumpffolie verpackt. Sensoren messen die Palettenhöhe, passen die Folienmenge automatisch an, und ein dampfbasiertes Schrumpfverfahren sorgt für perfekten Sitz. Der Folienverbrauch ist um bis zu 85 Prozent reduziert, Transportschäden können weiter verringert werden – ein Gewinn für Effizienz und Nachhaltigkeit.

Am Standort Berlin-Schönefeld wiederum unterstützt ein halbautomatisches System den Aufbau von Verkaufsdisplays im Auftrag großer Kunden für den Lebensmittel-Einzelhandel. Der händische Aufwand sinkt deutlich: Die Mitarbeitenden im Warehouse kümmern sich weiterhin um den Aufbau der individuellen Displaykartons auf der Viertelpalette und die passende Bestückung – unterstützt von großen Monitoren mit grafisch dargestellten Vorgaben. Dann übernimmt die Anlage: Mit über 120 Bänderungen und mehr als 100 Wicklungen pro Stunde ermöglicht die Displayfertigungsanlage einen reibungslosen, hochstandardisierten Ablauf – bei gleichbleibender Qualität. „Die Kombination von Mensch und Maschine hat den Prozess nicht nur schneller, sondern auch flexibler gemacht: Kleinstauflagen und kurzfristige Designänderungen lassen sich ohne Qualitätsverlust realisieren“, stellt Michael Mayer heraus.

Die Liste erfolgreicher Automatisierungslösungen bei DACHSER ließe sich an dieser Stelle weiter fortsetzen. Sie reicht von autonomen fahrerlosen Transportsystemen im Lager über autonomes Bewegen von Transportbehältern. Von Abstellplätzen zur Be- oder Entladung an der Umschlaghalle bis zu Forschungs- und Entwicklungsprojekten des DACHSER Enterprise Lab in Partnerschaft mit dem Dortmunder Fraunhofer IML und dem Fraunhofer IAIS, die das DACHSER Netz voranbringen. Dazu zählen insbesondere Themen rund um digitale Technologien, wie Data Science und künstliche Intelligenz, Echtzeit-Lokalisierung und der Mobilfunkstandard 5G, die Vernetzung von Maschinen (Internet of Things), autonome Fahrzeuge, adaptive Warehouse Systeme und vieles mehr.

Game-Changer AutoStore: Komissionierung leicht gemacht

Zurück im Logistikzentrum Karlsruhe: An einer von vier Übergabestationen im „Erdgeschoss“ des AutoStore-Systems steht Mariana Ciobanu am sogenannten „CarouselPort“. Das System liefert der erfahrenen Kommissionierin hier über ein Boxen-Karussell exakt die zu ihrem Auftrag passenden Behälter mit Kleinteilen an. Ihr zur Hand geht ein intuitiver Picking Assistent über dem Ausgabekarussell. Wenn die Boxen hier ankommen, bekommt Mariana über optische Signale angezeigt, was zu tun ist. Jetzt wird das Fach in der Box mit den Eyelinern für den Kosmetikhandel angeleuchtet, am Monitor wird die benötigte Stückzahl angezeigt. Greift sie jetzt rein, leuchtet es grün auf, rot wird’s, wenn sie versehentlich ins falsche Fach fasst. Über eine spezielle, patentierte Technik wird der Arbeitstisch zum Touchscreen und führt die Kommissioniererin Schritt für Schritt durch die jeweiligen Aufgaben. „Das ist eine große Erleichterung, wenn ich nicht mehr fürs Picking lange Gassen mit Kleinteilebehältern abfahren muss“, sagt Mariana, „ein angenehmes und sauberes Arbeiten, das auch deutlich weniger fehleranfällig ist.“

Das Zusammentragen der vielen, ganz unterschiedlichen Produkte muss Mariana derzeit noch unterbrechen, um die Pakete versandfertig zu verpacken. „Die Automatisierung im Bereich des Packtisches bis zur Verladung auf das Ladegefäß des Paketdienstleisters wird gerade in einem weiteren Projektteam erarbeitet, um eine möglichst hohe Effizienzausbaustufe des AutoStore-Systems zu erreichen,“ erläutert General Manager Bernd Großmann die nächste Ausbaustufe.

Das müsse aber nicht der Schlusspunkt der Automatisierungsinnovation im Logistikzentrum Karlsruhe sein. Im Gegenteil. „Durch die Modularität des Systems kann der AutoStore bei steigendem Volumen einfach erweitert werden. Für uns ist das ein echter Game-Changer“, sagt Florian Steinbrunn. „Nicht nur, weil wir effizienter arbeiten, sondern weil wir auch resilienter auf Schwankungen reagieren können.“ Der Kontraktlogistikmanager hat sichtlich Freude an „seinem Projekt“: „Automatisierung in der Logistik ist kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf.“ Darauf sind auch die Roboter im Obergeschoss des AutoStore eingestellt. Es ist Schichtende. Das System fährt runter, die Roboter docken an ihren Ladestationen an – bereit, sich jederzeit mit maximaler Energie einem Lagerchaos zu widmen, das geordneter und intelligenter gar nicht sein kann.

An einer von vier Übergabestationen im „Erdgeschoss“ des AutoStore-Systems steht Mariana Ciobanu am sogenannten „CarouselPort“.
An einer von vier Übergabestationen im „Erdgeschoss“ des AutoStore-Systems steht Mariana Ciobanu am sogenannten „CarouselPort“.

Technologien im Warehouse

Automatisierung im Warehouse ist keine neue Erfindung. Erste automatisch betriebene Hochregallager (HRL) wurden bereits in den 1960er Jahren errichtet. Kennzeichnend waren und sind Bauhöhen zwischen 12 und 50 Meter. In den Regalgassen verfahren in der Regel schienengebundene, vollautomatische Regalbediengeräte (RBG), die über ein Warehouse Management System (WMS) oder Warehouse Control System (WCS) gesteuert werden. Auf diese Weise wird eine optimale Flächeneffizienz beziehungsweise ein hoher Volumennutzungsgrad erzielt.

DACHSER weltweit
Kontakt aufnehmen
Ansprechpartner Barbara Fernandes Guettges